Heute begrüssen wir ganz herzlich unser neuestes Netzwerk-Mitglied Bird & Bird.

Wir freuen uns und sind sehr stolz, dass wir Bird & Bird für unser FinTech-Portal & unsere Community gewinnen konnten.

Bird & Bird ist eine der international führenden Wirtschaftskanzlein mit über 1100 Mitarbeitern an 28 Standorten weltweit.

Dr. Michael Jünemann ist Partner bei Bird & Bird LLP und leitet dort die deutsche Banking & Finance Praxis. Michael gab uns zum Einstieg ein Interview. Lest hier seine Antworten.

FTHQ: Was waren die größten Herausforderungen für 2016? Für Fintech und die Finanzbranche?

MJ: Die klassischen Geschäftsmodelle der Finanzinstitute standen und stehen unter wachsendem Druck durch die Digitalisierung. Daher mussten und müssen sich die Finanzinstitute aller Bankgruppen stark auf die Optimierung ihrer (IT-) Prozesse konzentrieren. Im Jahr 2016 ist es gelungen, die zwischen neuen und alten Marktteilnehmern existierenden Mauern einzureisen. Es wurden häufiger Kooperationen geschlossen und die Zusammenarbeit professionalisiert. Technologisch rückten Blockchain & RegTech sowie APIs stärker in den Vordergrund.
Regulatorisch gesehen hatte die Zweite Zahlungsdiensterichtlinie (PSD2) den wohl größten Einfluss auf die Finanzbranche. Bisher hatten die etablierten Banken sich geweigert ihre Daten an eine dritte Partei weiterzugeben. Die PSD2 zwingt sie nun dazu, ihre Daten teilweise auch Dritten zugänglich zu machen. Die Vorbereitung der Unternehmen der Finanzbranche (FinTechs wie etablierte Banken) auf die technische Umsetzung der Anforderungen der PSD2 war unsere größte Herausforderung für 2016.
FTHQ: Die FinTech Landschaft lässt sich in 9 Segmente aufteilen: Banking & Lending, Enabling Processes & Technology (B2B), eMarketplaces, Aggregators & Intermediaries, Financial Data Analytics, InvesTech, Payments, PropTech und RegTech.

In welchem Bereich siehst du das meiste Potential, welcher ist möglicherweise schon gesättigt?

MJ: FinTechs zielen bisher in erster Linie auf Privatkunden. Bei Geschäftskunden besteht noch ein erhebliches unerschlossenes Potenzial. Denn Produktlösungen für Geschäftskunden sind schwerer zu realisieren und bedürfen umfassender Branchenkenntnis. Günstiger und bequemer als die analoge Konkurrenz zu sein, genügt hier nicht. FinTechs müssen für Geschäftskunden mehr Zeit in relativ wenige Produkte investieren und für die Vermarktung Spezialisten-Know-how aufbauen.

Es ist darüber hinaus schwierig zu prognostizieren, welche Geschäftsmodelle 2017 am meisten Potential haben und in ihrer Bedeutung steigen werden. Allerdings ist zu erwarten, dass es bemerkenswerte Innovationen in den Bereichen Blockchain und Künstliche Intelligenz (KI) geben wird.

FTHQ: Welche Erwartungen hast Du an das vor uns liegende Jahr im Hinblick auf FinTechs und die Finanzbranche?

MJ: Die FinTech-Szene wird auch zukünftig Veränderungen im Finanzdienstleistungssektor bewirken. Die Umgestaltung des Finanzsektors ist im vollen Gange. Allerdings fehlt es noch an Hilfestellung seitens der Politik (Stichwort: Sandboxing). Auch müssten bestehende Gesetze „digitalisiert“ werden.
Für viele FinTechs wird es jedoch auch darum gehen unter Beweis zu stellen, dass sie echte Relevanz am Markt haben. Eine weitere Herausforderung besteht darin, dass die etablierten Banken dazu ansetzten, die Lösungen der FinTechs schlicht zu kopieren. Ob das reine Kopieren zum Erfolg führt und wer am Ende die „Nase vorne“ hat, bleibt abzuwarten.

Zudem sind viele etablierte Marktteilnehmer noch nicht auf das öffnen ihrer eigenen Infrastruktur vorbereitet. Es gilt die Anforderungen der PSD2 zeitnah umzusetzen. Die Implementierung der Technischen Regulierungsstandards zur starken Kundenauthentifizierung und sicheren Kommunikation, die die Europäische Bankenaufsichtsbehörde EBA zur Billigung an die Europäische Kommission übermittelt hat, wird die nächste große Aufgabe sein.

FTHQ:  In welchen Bereichen sieht sich Bird & Bird als Innovationsmotor und Vermittler zwischen FinTechs und Corporates?

MJ: Bemerkenswert ist die Entwicklung, dass FinTechs auch von Nicht-FinTechs und Nicht-Banken vorangetrieben werden. Um Finanz- oder Zahlungs-Funktionen in ihre Systeme zu integrieren nutzen auch zunehmend Plattform-, Industrie- oder Energie-Unternehmen die Vorteile der FinTechs. Banking wird so zum unsichtbaren Hintergrundprozess.

Wir können jungen sowie etablierten Unternehmen dabei helfen, schnell und effizient auf diese Entwicklungen zu reagieren. Dies erfordert ein großes Maß an Flexibilität und Anpassungsfähigkeit. Mit unserem Sektorenorientierten Fokus haben wir ein tiefes Verständnis auch für Unternehmen aus den Bereichen E-Commerce, Electronics, der Energie- und Versorgungswirtschaft, Food & Beverage, Biowissenschaften und dem Mediensektor.
Wir bieten jungen Technologieunternehmen ein Sprungbrett zur Internationalisierung sowie die Chance, ausgewählte Kontakte zu potentiellen Großkunden zu knüpfen. Bei der „Disruptive Technology Challenge“ beispielsweise werden wir dabei von einer eindrucksvollen und engagierten Gruppe an Partnerunternehmen sowie von namenhaften Experten unterstützt.

FTHQ:  Mit welchen Fragen können sich FinTechs im Portal an dich wenden?

MJ: FinTech-Unternehmen sind in ihrem Angebot in Deutschland und anderen Ländern oftmals durch das Erfordernis einer Lizenz in ihrer Tätigkeit begrenzt. Viele FinTechs empfinden die Regeln, die für die Finanzbranche gelten, als Bremsklotz, wenn sie bei ihrem Markteintritt oder in ihrem laufenden Geschäft davon betroffen sind. Dabei kann bei einer Vielzahl von Geschäftsideen durch eine geschickte Gestaltung der rechtlichen Beziehungen aufsichtsrechtliche Klippen umschifft werden. Hierzu beraten wir interessierte FinTechs gerne. Aber natürlich helfen wir auch bei der Beantragung von Erlaubnissen und Registrierungen und Datenschutz und E-Commerce sind große Themen, zu denen wir immer wieder gefragt werden.

Vielen Dank für das Interview, Michael!